Sehr nett, sehr pläsierlich

Neues Musical »Der kleine Prinz« begeistert 900 Zuschauer in der Stadthalle

Bielefeld (WB). Verfilmungen, jede Menge Schau- spieladaptionen und sogar einen Comic gibt es bereits von Antoine de Saint-Exupérys Welterfolg »Der kleine Prinz«. Da ist es eher verwunderlich, dass das Musical zum Roman so lange auf sich warten ließ.

Den richtigen Riecher hatten schließlich die Sängerin Deborah Sasson und der Choreograf Jochen Sautter, ein Gespann, das schon erfolgreich bei der Musical-Produktion »Das Phantom der Oper« zusammenarbeitete. Jetzt komponierte sie die Musik, er schrieb das Libretto und führte Regie. Die Uraufführung fand am 11. Dezember in Würzburg statt. Bielefeld war die sechste von 68 Tourstationen. Mit 900 Besuchern war die Stadthalle bei weitem nicht ausverkauft – noch überwiegt offenbar die Skepsis gegenüber dem Unbekannten.

Dabei haben Besucher wahrlich keine Überraschungen zu fürchten. Das Musical orientiert sich penibel an der Romanvorlage und erzählt die Geschichte des kleinen Prinzen, der auf einem winzig kleinen Planeten wohnt, der kaum größer ist als er selbst. Täglich fegt der kleine Mann seine drei Vulkane, doch dann gerät er in einen Streit mit seiner – im Musical herrlich koketten und selbstverliebten – Rose. Auf der Suche nach einem neuen Freund verlässt er seinen Planeten. Die Reise durch die Galaxis entpuppt sich als Geschichte der seltsamsten Begegnungen.
Szene um Szene ziehen Gestalten wie der Geograf, der Eitle, der Säufer, der Laternenanzünder und der König vorbei. Schließlich kommt der kleine Prinz auf die Erde, wo ihm die Schlange den Biss der Erlösung anbietet und ein Fuchs ihm die Weisheit mit auf seinen Lebensweg gibt, die als Bonmot ins kollektive Bewusstsein eingehen soll: »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Au- gen unsichtbar.« In der Einsamkeit der Wüste trifft er einen abgestürzten Piloten. Dem erzählt der kleine Mann seine Geschichte.

Das Team bringt all dies in solider Musicalmachart auf die Bühne. Musikalisch hat Sasson jeder Szene eine andere Farbe oder einen anderen Stil zugeordnet. Da fließen französisch-folkloristische Elemente ebenso mit ein wie Walzerklänge, ein Tango oder ein Marsch. Positiv: Die Musik kommt nicht vom Band, sondern wird von einer kleinen Musicalband live gespielt.

Ein Team aus jungen, gecasteten Musical-Darstellern spielt, singt und tanzt auf durchweg professionellem Niveau. Allerdings müssen sich die Darsteller auch nicht überanstrengen: Die Choreografien sind konventionell, aus der Personenführung hätte man mehr herausholen können. So bleibt alles nett und pläsierlich, aber nicht eben originell.

Projektionstechniken, die die Reise durchs Weltall, den Gewitterflug des Piloten oder einen Sonnen- aufgang in der Wüste simulieren, bereichern das Bühnenbild und bieten immerhin einiges fürs Auge. Wer einen netten Abend verbringen möchte, ist in »Der kleine Prinz« gut aufgehoben.

21.12.2015 Westfalen Blatt Ute Jostwerner